NUR VIER BESITZER IN 80 JAHREN Ihr erster Besitzer war der britische General G. E. Prior-Palmer. Bei der Landung in der Normandie am Sword Beach befehligte er eine Panzereinheit, die mit Schirmen ausgerüstet an die Küste »schwimmen« musste. Es überrascht nicht, dass sie nach den Übungen auf dem schönen ruhigen Wasser in England bei der Landung in der rauen See vor der Normandie weniger gut abschnitten. Die meisten dieser Panzer sanken, bevor sie die Küste erreichten. Mit seiner dann wieder aufgefüllten Panzereinheit kämpfte Prior-Palmer in der Ardennen-Offensive und in Market Garden, der erfolglosen Befreiung von Arnheim. In den Niederlanden war er für die Bewaffnung einer Einheit des niederländischen Widerstands verantwortlich, die an der Befreiung zahlreicher niederländischer Städte beteiligt war. Mit seiner 8. Panzerbrigade stieß er dann bis nach Bremen vor. Nach der deutschen Kapitulation am 4. Mai wurde ihm das Gebiet um Bremen als Besatzungstruppe zugeteilt. In diesem Gebiet, in Lemwerder, befand sich die berühmte Werft Abeking & Rasmussen. Die Werft hatte den Krieg unversehrt überstanden. Rasmussen selbst war ursprünglich ein Däne und hatte sich nur geringfügig an der deutschen Kriegsindustrie beteiligt. Nach dem Krieg stellte die Werft zunächst Spielzeug und Handkarren her. Prior-Palmer sah dies und hielt es für eine Verschwendung der vorhandenen Handwerkskunst und bestellte bei Rasmussen eine Yacht. Die Vorkriegskontakte mit vielen amerikanischen Kunden halfen natürlich auch und ermöglichten es Rasmussen, seine Werft für die Produktion von (kleinen) Freizeitbooten relativ leicht wieder in Gang zu bringen. Er verfügte sogar über einen beträchtlichen Vorrat an Holz, das während des Krieges unter Wasser versteckt worden war. Vermutlich aus Zeit- und Kostengründen wurde ein bereits vorhandener Entwurf aus dem Schrank geholt, der in seinen Abmessungen und seinem Aussehen verdächtig nach einem der 100-m2-Seefahrtkreuzer aussieht, die in den 1920er- und 1930er-Jahren für die deutsche Marine gebaut wurden. Die Abmessungen sind praktisch identisch, ebenso das Profil. Lediglich eine kurzer, hoher Aufbau wurde hinzugefügt, damals ein typisch englisches Merkmal. Vermutlich brauchten deutsche Marineoffiziere weniger Kopffreiheit als ein englischer General. Der Vorteil war jedoch, dass dieser Aufbau Platz für eine Eignerkabine und eine Navigationsstation schuf. Der General zahlte nur ein englisches Pfund für die Yacht, die als »Wiedergutmachung« verbucht wurde. Das wollte er natürlich nicht allzu laut verkünden, und so taufte er die Yacht mit einem für einen Soldaten erstaunlichen Sinn für Humor auf den Namen Whisper. Nach ihrer Auslieferung erhielt Whisper einen Liegeplatz in Southampton in der Nähe des Anwesens des Generals, der noch mehrere Jahre in Deutschland tätig war. Er hatte ein Privatflugzeug, eine Tiger Moth, mit der er und sein Pilot hin und her flogen. Sein Pilot John Elliot erzählte, wie Prior-Palmer ihm einmal befahl, im Tiefflug über die vor Anker liegende Whisper zu gleiten, um seine Frau zu erschrecken, die an Deck ein Sonnenbad nahm. Prior-Palmer war auch der Gründer des Royal Artillery Yacht Club. Nach einem schweren Polounfall im Jahr 1955 verkaufte Prior-Palmer seine Yacht an einen gewissen Alexander Black, einen Briten und Portugiesen, der die Yacht nach Lissabon, Portugal, brachte, wo Whisper offenbar für den Transport von Flüchtlingen vor der Diktatur des Salazar-Militärregimes eingesetzt wurde. Auf einem noch vorhandenen Kupferschild steht »Brigada Naval No.2957 Seccao de Desportos Nauticos«. Dabei handelt es sich um die alte nautische Sportabteilung der portugiesischen Kriegsmarine. Irgendwann zwischen 1966 und 1995 verlor die Whisper ihr schönes Yachtheck zugunsten einer abgesägten Sperrholzkonstruktion. Im Jahr 1995 verkaufte Berthon die Yacht für 60.000 englische Pfund an den Niederländer Twan de Loos. Er segelte sie von Portugal in die Niederlande, wo sie einen Liegeplatz in Drimmelen erhielt. Er lebte mehrere Jahre an Bord, und von 2004 bis 2008 lag Whisper dort mehr oder weniger verlassen an Land unter einem Zelt. Im Jahr 2008 kaufte der jetzige Eigner, Floris Agterhof, das Schiff für den Wert des Bleikiels, da es sich mittlerweile in einem ziemlich baufälligen Zustand befand. Nach einer Segelsaison begann er mit einer langen Restaurierung, die erst 2015 abgeschlossen wurde. // BODENWRANGEN UND VIELE SPANTEN MUSSTEN ERSETZT WERDEN // FLOORBEAMS AND FRAMES HAD TO BE REPLACED DER SPIEGEL MUSSTE GANZ NEU GEBAUT WERDEN // THE STERN HAD TO BE REBUILT COMPLETELY WHISPER DESIGNER: HENRY RASMUSSEN WERFT: ABEKING & RASMUSSEN, LEMWERDER BAUJAHR: 1946 AUFTRAGGEBER: GENERAL G.E. PRIOR-PALMER GEBAUT NACH LLOYDS LÄNGE: 15,65 M LÄNGE WASSERLINIE: 11,70 M BREITE: 3,30 M TIEFGANG: 2,30 M VERDRÄNGUNG: 20 TONNEN RUMPF: HONDURAS-MAHAGONI AUF EICHENSPANTEN DECK: NEUES MASSIVES TEAKHOLZ 34 MM, BRONZE VERSCHRAUBT MAST: HOHL, GEKLEBT, 20 METER MOTOR: D2-55 VOLVO PENTA PROPELLER: MAXPROP 3-BLATT GROSSSEGEL: 65 M2 FOCK: 33 M2 GENUA: 50 M2 SPINNAKER: 95 M2 weiterlesen 90 91
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