G O O S E - Y A C H T S ∙ I S L A N D S ∙ H O R I Z O N S ∙ N ° 5 6 ∙ S U M M E R 2 0 2 5

eder, der schon einmal in diesem schönen Teil der Welt gesegelt ist, weiß, wie endlos die Küste Norwegens ist. Wie die Möwe fliegt, sind es fast 1.000 Seemeilen vom Südkap, Lindesnes, bis zum Nordkap. Und die Küste erstreckt sich nicht nur weit über diese beiden Wahrzeichen hinaus, die Entfernung von Oslo nach Kirkenes beispielsweise beträgt, in gerader Linie gemessen, fast 1.500 Seemeilen. Die Küste schlängelt sich in und um die zahllosen Schären, Inselchen, Inseln und tiefen, mächtigen Fjorde, die diese riesige Meereslandschaft ausmachen. Es ist unmöglich, die Länge dieser Küste in ihrer ganzen Länge zu messen. Norwegische Geografen haben es natürlich immer wieder versucht. Moderne Technik und Satelliten haben diese Aufgabe vielleicht erleichtert, und auf dieser Grundlage hat sich eine Zahl herauskristallisiert. 56.000 Seemeilen wäre die gesamte Länge, wenn man sie ausdehnt. Das ist zwar nur eine akademische Schätzung, aber bloße Zahlen werden dieser Region aus altem Land und Meer niemals gerecht. Vor dieser gewaltigen Kulisse lässt sich die Dimension des maritimen Erbes erahnen, das zu den nationalen Schätzen Norwegens gehört und auch Teil der kulturellen Identität des Landes ist. Viele Jahrhunderte lang war das Segeln und Rudern in diesem riesigen Gebiet das einzige Transport- und Kommunikationsmittel. Bauerndörfer und FischereiAußenposten blieben über Jahrhunderte hinweg isoliert in diesem Land, das sich von den tiefen Fjorden direkt zu undurchdringlichen Gebirgsketten erhebt, in denen Straßen erst in den letzten 150 Jahren mühsam in die Felsen gesprengt wurden. Selbst wenn man das raue Klima, die starken Winde und die unruhigen Gewässer vor der Küste in Betracht zieht, war der Schiffsverkehr die einzige und naheliegende Alternative. Sogar die Bauern mussten sich auf die Seefahrt einstellen und bauten in ihren Scheunen während der langen und dunklen Wintermonate oft schöne, starke und seetüchtige Boote. Aber noch wichtiger als die Landwirtschaft war in der Vergangenheit die Fischerei als Haupteinnahmequelle, die wiederum einige bemerkenswerte und starke Boote hervorgebracht hat. Nicht zu vergessen ist natürlich auch das umfangreiche Erbe der Seefahrt, das von den Wikingern weitergegeben wurde. Selbst in der heutigen Zeit beruht der wirtschaftliche und soziale Wohlstand Norwegens zu einem großen Teil auf der Offshore-Industrie, die die Öl- und Gasfelder der Nordsee ausbeutet. In den 1950er-Jahren war der Straßenbau in vollem Gange, und Boote und Anlegestellen am Wasser verloren an Bedeutung für das tägliche Leben und verfielen in der Folge. Erst in den 1970er-Jahren wurden sich vorausschauende Norweger des Niedergangs der maritimen Traditionen, des Wissens und der Handwerkskunst bewusst und erkannten die dringende Notwendigkeit, diese sowie die historischen Boote und Gebäude selbst zu erhalten. Aus diesem Grund wurde 1979 der Verband »Forbundet Kysten« für die Nutzung und Erhaltung historischer Schiffe, der Küstenkultur und des maritimen Erbes gegründet. Diese »Küstengesellschaft« ist ein großes, landesweites Gemeinschaftsprojekt, das vollständig auf privater Initiative beruht. Ende 2021 hatte die Bewegung bereits 10.000 aktive Mitglieder in ganz Norwegen, die in 128 lokalen Zweigstellen entlang der Küste organisiert sind. Und sie wächst weiter. // J Die Steuerung des Oselvar ist gewöhnungsbedürftig // Steering the Oselvar needs some getting used to Entspanntes Segeln auf der RS2 // Relaxed sailing on the RS2 weiterlesen 72 73

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