Atlantide wurde von Alfred Mylne (1872–1951) entworfen, einem der drei großen schottischen Konstrukteure neben G. L. Watson und William Fife III. Gebaut wurde sie von der Werft Philip & Son in Dartmouth und im Frühjahr 1930 vom Stapel gelassen, wobei die ersten Probefahrten Anfang Juni stattfanden. Ursprünglich trug sie den Namen Caleta und wurde dreimal umbenannt, bevor sie ihren heutigen Namen annahm. Der erste Eigner der Yacht war Sir William Burton (1864–1942). Als Eigner gleich mehrerer Yachten benötigte er einen Tender für seine Rennyachten, als schwimmende Unterkunft und auch, um Regatten aus nächster Nähe zu verfolgen zu können. Burton nahm mit seinen zahlreichen Yachten an Dutzenden von Segelwettbewerben in britischen Gewässern teil, darunter die 19-Meter-International Rule Octavia (1911) und die 12-Meter-Yachten Marina (1935) und Jenetta (1939), alle von Mylne entworfen. Burton war auch Steuermann der Shamrock IV, mit der Sir Thomas Lipton 1920 seinen vorletzten gescheiterten Versuch unternahm, den America’s Cup zu gewinnen, aber das ist eine andere Geschichte. Die Caleta wurde während des Krieges beschlagnahmt und von der britischen Admiralität in Dienst gestellt. Am 14. Mai 1940 sendete die BBC eine Bekanntmachung der britischen Admiralität: Alle Eigner von Sportbooten mit Eigenantrieb zwischen 30 und 100 Fuß Länge, die noch nicht beschlagnahmt waren, sollten der Admiralität innerhalb von 14 Tagen die Daten ihrer Schiffe übermitteln. Der Krieg lief für die Alliierten schlecht, und Tausende von Soldaten wurden an die französische Küste gedrängt, wo sie keine Möglichkeit hatten, den vorrückenden deutschen Truppen zu entkommen. Der einzige Ausweg war der Seeweg, aber die Royal Navy verfügte nicht über genügend Flachwasserschiffe, um die sich zurückziehenden Soldaten in Dünkirchen einzusammeln. Da Großbritannien aber schon immer eine Seefahrernation war, rief es seine Bürger auf, ihre eigenen Boote zur Verfügung zu stellen, um Leben zu retten. Insgesamt beteiligten sich etwa 850 private Boote und 20 Kriegsschiffe an der sogenannten »Operation Dynamo« (Mai bis Juni 1940). Eines dieser »Little Ships«, wie diese glorreichen Schiffe genannt wurden, war die Caleta. Sie nahm aktiv an der Operation teil und brach am 31. Mai zusammen mit den anderen Yachten nach Dünkirchen auf. Sieben Tage lang operierte sie unter starkem feindlichem Beschuss und Angriffen von Sturzkampfbombern. In dieser Zeit leistete sie verschiedenen Schiffen Beistand und nahm 35 Soldaten aus einem beschädigten Landungsboot auf, das sie anschließend ins Schlepptau nahm. Der Schleppverband trennte sich zweimal, aber es gelang ihr dennoch, das Schiff und vor allem die Soldaten zurück nach England zu bringen. Wegen dieses ehrenvollen Dienstes ist sie berechtigt, das St. George’s Cross zu tragen. Im Jahr 1950, acht Jahre nach Burtons Tod, wurde die Yacht ins Mittelmeer verlegt, wo sie von ihrem griechischen Eigner P. B. Pandelis den Namen Ariane erhielt. 1960 wechselten Besitzer und Name erneut: Als Corisande wurde die Yacht in Antibes für die Proben zu »Tender is the Night« (»Tendre est la nuit«), der Verfilmung des Romans von Francis Scott Fitzgerald aus dem Jahr 1962, eingesetzt. // EINE CHARMANTE GESCHICHTE NACH DEM 2. WELTKRIEG weiterlesen 42 43
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