A uf dem XX. Deutschen Seglertag im Potsdamer Yacht Club gab es einen Aufstand. An diesem Tag im Jahre 1911 wurde nämlich folgender Antrag gestellt: »Um einem allseitig gefühlten Bedürfnis abzuhelfen, ist zur Hebung der Rennsegelei auf deutschen Binnengewässern eine rennfähige Kreuzerklasse zu schaffen, deren Größe etwa den 6 bis 7 SL Kreuzern des alten Messverfahrens entspricht.« Wenige Jahre zuvor, am 12. Juni 1906, hatten sich Vertreter verschiedener europäischer Segelnationen in London auf die International Rule geeinigt, aus der im Januar 1908 die First Rule der MeterKlasse-Yachten hervorging. Was passte den Antragstellern nicht an den Yachten der International Rule? Zu groß, zu international, zu teuer? Es war tatsächlich schon eher eine politische Frage. Die vom deutschen Kaiser propagierte internationale Ausrichtung des Segelsports und damit eine Unterstützung der teuren olympischen MeterKlassen versus eine günstigere, auch für reine Freizeitzwecke einfacher zu handhabende und erschwingliche Bootsklasse für das nicht adlige Bürgertum. So überrascht es nicht, dass bei der Abstimmung der gesamte Kaiserliche Yacht-Club mit 22 Stimmen gegen den Antrag stimmte, der Antrag aber mit den Stimmen der Berliner Clubs trotzdem knapp positiv entschieden wurde. Damit war der Weg frei für die Entwicklung der ersten Nationalen Kreuzerklassen, nämlich der 45er Kreuzer für Binnenfahrt und der 75er Kreuzer für Seefahrt. Populär wurden vor allem die 45er Kreuzer, die von ihrer Größe her etwa als das Pendant zur 6mR-Yacht gelten konnten. Und im Vergleich dazu hatten die breiteren 45er deutlich mehr Volumen innen und konnten einen minimalen Komfort fürs Wochenendsegeln bieten: zwei bis vier Kojen, Kochstelle, Kajüte. Durch den breiteren Rumpf waren und sind diese Boote auch formstabiler als 6er, sie sind leichter und segeln sich ganz anders. In den 1920ern waren die 45er wohl die populärste deutsche Klasse, vor allem auf den Binnenrevieren in Berlin und Süddeutschland, während vor allem Kiel und die Kieler Woche das Zentrum der Meter-Klasse-Yachten blieb. Allerdings wurde in den folgenden Jahren schnell klar, dass die früheren 45er Kreuzer zu kurze Wasserlinien hatten und im Wettbewerb zu den Meter-Yachten ein Geschwindigkeitsmanko aufwiesen. Die Wunsch II von 1912 hatte beispielsweise noch eine Länge von 8,35 Metern. Also wurden 1916 neue Bauvorschriften verabschiedet und die größte 65
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